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"Zustände erinnern an Afrika"

Simone Winneg trägt als Koordinatorin die organisatorische Verantwortung für das humedica-Team in Haiti. Seit mehreren Tagen hilft sie gemeinsam mit der Krankenschwester Manuela Kutnick (Magdeburg) und dem Arzt Dr. Markus Hohlweck (Bonn) Menschen in Not.

Simone Winneg trägt als Koordinatorin die organisatorische Verantwortung für das humedica-Team in Haiti. Seit mehreren Tagen hilft sie gemeinsam mit der Krankenschwester Manuela Kutnick (Magdeburg) und dem Arzt Dr. Markus Hohlweck (Bonn) Menschen in Not. Dabei erinnern die ersten ernüchternden Eindrücke eher an ein Dritt- oder Viertweltland auf dem afrikanischen Kontinent, als an eine Insel, deren andere Hälfte zu den beliebtesten Urlaubszielen europäischer Touristen zählt.

Andere Eindrücke: Die Situation in Port-Au-Prince

Haiti ist wohl eher bekannt für eine karibische Ausstrahlung, traumhafte Strände und Touristenhotels. Doch weit gefehlt... Port-au-Prince ist eine Millionenstadt und ein Großteil der Bevölkerung lebt unter Slum ähnlichen Zuständen. Geteerte Straßen gibt es in vielen Vierteln der Stadt überhaupt nicht, manche Teile sind nur auf dem Fußweg erreichbar.

Wenn man die Umstände hier sieht, fühlt man sich eher wie in Afrika: Herumliegende Müllhäufen, die kurzerhand angezündet werden, teilweise bestialischer Gestank, frei herumlaufende Hühner und Ziegen an manchen Ecken, abgemagerte Hunde, Abgaswolken über der Stadt, hupende Autos und Taptaps (das Haitanische Taxi: ein Pickup, der die Ladefläche zu einem überdachten Transporter umgebaut hat und damit teilweise 15 Leute als "Gepäck" herum fährt.. Warum taptap? Wenn der Fahrer anhalten soll, dann muss man einfach gegen die Karosse klopfen) sowie brummende Generatoren und Geschrei von allen Ecken und Enden. Die Straßenränder sind gefüllt von Menschen, die an jeder Ecke Mangos anbieten, an kleinen Ständen versuchen, Kleinigkeiten wie Nüsse, Waschpulver, Bonbons oder Telefonkarten zu verkaufen.

So haben sie abends zumindest ein wenig Geld in der Tasche. Junge Männer und Frauen verdienen ihr tägliches Brot mit Schuhe putzen oder Betteln. Kein Wunder also, dass die steigenden Lebensmittelpreise vor allem diese Menschen auf den Plan ruft und ihnen das wenige, das kaum zum Leben reicht, abverlangt.

Von den Protesten, die in der vergangenen Woche hier vorgefallen sind, zeugen nur noch wenige Dinge: Eingeschlagene Fensterscheiben, zertrümmert von aufgebrachten Steinewerfern. Die UN-Truppen zeigen Präsenz nach den Ausschreitungen. Sie sind immer noch im Rahmen der Mission "Peace Keeping" hier, die aufgrund des Putsches 2004 eingesetzt wurde, konnten aber an der Situation der letzten Wochen nichts verbessern.

Jetzt ist die Stadt den Umständen entsprechend ruhig (wenn man angesichts der Eindrücke überhaupt davon sprechen kann). An den Ampeln und auf den Straßen begegnen uns immer wieder Menschen, die mit den Worten "we are hungry" betteln und eine leere Hand aufhalten. Auch andere Organisationen berichten, dass die Menschen mehr als sonst über Hunger klagen.

Unser Einsatz

Sehr schnell nach unserer Ankunft konnte dank der lokalen humedica-Kontakte zur Organisation "Christian Services International" (CSI), das Team seine Arbeit aufnehmen. In Bon Repos, einem Vorort von Port-au-Prince, behandelten Dr. Markus Hohlweck und Manuela Kutnick vor allem Magenbeschwerden, Augenkrankheiten und generelle Schmerzen. In Zusammenarbeit mit CSI und unter der Leitung eines christlichen Waisenhauses (H.O.P.E. Center for Girls) konnten so schon am ersten Tag des Einsatzes 115 Menschen behandelt werden.

Gleich am nächsten Tag ging es etwas weiter in das Landesinnere von Haiti nach Thomazeau, etwa zwei Stunden von Port-au-Prince. Mit vielen helfenden Händen der christlichen Mission unter der Organisation CSI konnten erneut mehr etwa 150 Patienten behandelt werden: Besonders Darmparasiten und Würmer, sowie Hautkrankheiten und Magenbeschwerden.

Am Donnerstag fuhren wir dann nach St. Marc, einer Stadt mit 150.000 Einwohnern, in der sich das Krankenhaus St. Nicolas befindet, das humedica bereits in der Vergangenheit mit umfangreichen Hilfslieferungen unterstützt hatte. Für die Zukunft ist, neben Medikamentenlieferungen, die personelle Unterstützung beim Betrieb einer mobilen Klinik des Krankenhauses geplant.

Dadurch können vor allem diejenigen erreicht werden, die aufgrund einer zu großen Entfernung keine Chance haben, in die Stadt zu kommen. Insbesondere im ländlichen Raum sind die Menschen sehr stark von der Lebensmittelknappheit betroffen und auch eine medizinische Grundversorgung ist kaum gewährleistet.

Um weitere Hilfsmaßnahmen realisieren zu können, bittet humedica die deutsche Bevölkerung dringend um Spenden unter dem Stichwort "Nothilfe Haiti" auf das Konto Nr. 47 47 bei der Sparkasse Kaufbeuren, BLZ 734 500 00. Die Möglichkeit zu einer Online-Spende ist ebenfalls gegeben.