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Vier besondere Monate in Haiti – Eine Erfahrung fürs Leben

Neben den Meldungen zu anhaltenden Unruhen in Haiti, gibt uns Felicitas von Gaudecker einen anderen Blickwinkel auf die Lage in dem Land. Vier Monate arbeitete sie in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince als Physiotherapeutin. Im „Krankenhaus der Hoffnung“ übte sie täglich mit den Patienten den Umgang mit deren Prothesen und trug zur Heilung schwerster Brüche bei. Kurz vor ihrer Heimreise verfasste Felicitas einen Bericht über ihren humedica-Einsatz, über bewegend schöne und traurige Momente.

Neben den Meldungen zu anhaltenden Unruhen in Haiti, gibt uns Felicitas von Gaudecker einen anderen Blickwinkel auf die Lage in dem Land. Vier Monate arbeitete sie in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince als Physiotherapeutin. Im „Krankenhaus der Hoffnung“ übte sie täglich mit den Patienten den Umgang mit deren Prothesen und trug zur Heilung schwerster Brüche bei. Kurz vor ihrer Heimreise verfasste Felicitas einen Bericht über ihren humedica-Einsatz, über bewegend schöne und traurige Momente.

„Als ich mich im Juli 2010 dazu entschloss, als Physiotherapeutin für humedica nach Haiti zu kommen, hatte ich wahrscheinlich nur ungefähre Vorstellungen, wie meine Arbeit hier aussehen würde.

Nun sind die vier Monate in Haiti unglaublich schnell vergangen und ich kann mir wiederum noch gar nicht richtig vorstellen, in ein paar Tagen zurück nach Deutschland zu fliegen und dort wieder „normal“ zu arbeiten und mich zum Beispiel mit Bürokratie rumzuschlagen oder mit Terminvergabe zu arbeiten.

Die Zeit hier war für mich eine große Bereicherung und ich habe viel gelernt. Ich bin glücklich über alle Erfahrungen, die ich hier machen konnte und über die Menschen, die ich kennenlernen durfte.

Es war eine sehr intensive, manchmal ziemlich anstrengende, aber auch eine ganz besondere Zeit für mich, die ich nicht missen möchte. Ich würde es immer wieder ganz genauso machen. Und ich bin mir sicher, dass ich auf jeden Fall wieder hierher zurückkommen will.

Die Arbeit mit den Patienten hat sich sicherlich in vielen Dingen von meiner Arbeitsweise in Deutschland unterschieden. Wann arbeitet man beispielsweise schon an der frischen Luft und sitzt bei strömendem Regen unter einem großen Dach während der Behandlung seiner Patienten?

Es gab viele kleine Momente, die mich unglaublich glücklich gemacht haben. Ganz besonders schön war es immer, wenn die Patienten schließlich soweit waren, dass wir sie entlassen konnten. Für die Patienten hieß dies natürlich auch, nach mehreren Monaten wieder für alles selbst verantwortlich zu sein.

Einige mussten sich erstmal einen geeigneten Platz für ihr Zelt suchen und sicherlich hatten einige auch Angst vor einer ungewissen Zukunft und gemischte Gefühle. Wenn sie dann doch strahlend und stolz mit ihren wenigen Habseligkeiten abfahrbereit waren, war es auch wieder ein großer Erfolg aller Teams, die hier waren und in den vergangenen Monaten mitgeholfen haben, die Entlassung möglich zu machen.

Man konnte sehen, dass sich unsere Patienten auch freuten, wieder auf eigenen Füßen zu stehen. An dieser Stelle auch einmal ein großes Dankeschön an meine vier Vorgänger im Bereich der Physiotherapie, die eine super Vorarbeit geleistet haben!

Diejenigen, die nicht zu weit weg vom Krankenhaus ein neues Zuhause gefunden haben, kamen dann immer noch zur ambulanten Therapie, wofür sie in nicht wenigen Fällen auch lange und komplizierte Anfahrten in Kauf genommen haben, was in Deutschland sicherlich nicht viele Patienten machen würden.

Inzwischen sind es natürlich nicht mehr so viele Patienten wie zu Beginn meines Einsatzes und ich konnte mich teilweise sehr intensiv mit einigen beschäftigen.

Als ich Anfang August in Haiti ankam, hatten wir noch zwölf stationäre Patienten, die in Zelten auf dem Krankenhausgelände lebten. Jetzt sind es von ihnen noch drei, die aber inzwischen auch nicht mehr im Zelt wohnen, sondern ihr eigenes Zimmer im renovierten und seit kurzem auch offiziell wieder eröffneten „Hôpital Espoir“ bewohnen.

Ich habe Höhen und Tiefen der Patienten miterlebt und konnte viel von ihnen lernen. Zum Beispiel wie sie trotz zwischenzeitlicher Rückschläge fast immer positiv nach vorne geschaut haben, auch wenn sie verständlicherweise zwischendurch auch motivierende Unterstützung brauchten und manchmal zur Therapie, die nicht immer nur schmerzfrei ablief, ermuntert werden mussten.

Besonders Melicienne, die seit dem Erdbeben im Januar bei uns war, konnte ich unmittelbar nach meiner Ankunft zu Beginn schwer motivieren, da sie mit ihrer Oberschenkelamputation und einem Fixateur [Anmerkung: ein Gestell zur Fixierung des gebrochenen Knochens] am Unterschenkel des anderen Beines schwer zu kämpfen hatte.

Als wir den Fixateur schließlich entfernen konnten und sie das Bein nach langem Warten und schmerzhaften Übungen voll belasten durfte, machte sie innerhalb von nur drei Wochen riesige Fortschritte und fing an, ihre Zukunft konkret zu planen.

Seit zwei Monaten lebt auch sie wieder selbstständig mit ihrer Mutter und ihrem Bruder zusammen. Nach ihrer Entlassung dachte sie sogar intensiver darüber nach, ihr Medizinstudium wieder aufzunehmen.

Die letzten fünf Wochen waren mit Cholera, Unruhen und Wahlen nochmals eine intensive Zeit und mir wurde einmal mehr bewusst, wie gut es uns in Deutschland geht und wie selbstverständlich so Vieles für uns ist.

Wenn ich nun Haiti verlasse, wird ein Wermutstropfen sein, dass ich nicht mehr miterleben werde wie meine Patientinnen Emmelyne, Marie-Yolaine und Michelle endlich ihre Fixateure loswerden. Bei dieser Maßnahme dabei gewesen sein zu können, wäre ein toller Abschluss gewesen.

Aber auch so bin ich sehr glücklich darüber was alle drei in den letzten Monaten erreicht haben und weiterhin kämpfen. Ich bin froh über alle Erfahrungen, die ich hier machen durfte und verlasse die Insel mit vielen besonderen Eindrücken.

Mit herzlichen Grüßen aus Port-au-Prince,
Felicitas Gaudecker"

Bitte unterstützen Sie uns auch weiterhin bei unseren Projekten in Haiti, die den Menschen durch nachhaltige Hilfsmaßnahmen neue Hoffnung schenken. Dies können Sie über unser Online-Formular tun, über das Versenden einer sms mit dem Stichwort DOC an die 8 11 90 (Ihnen werden 5 Euro abgebucht, von denen 4,83 Euro unmittelbar unserer Arbeit zu Gute kommen) oder über eine Spende auf untenstehendes Konto:

humedica e.V.
Stichwort "Erdbeben Haiti"
Konto 47 47
BLZ 734 500 00
Sparkasse Kaufbeuren