
Ebola-Hilfe in Liberia
Ärztin Sabine Kirchner war für humedica bereits in den verschiedensten Katastrophengebieten im Einsatz und sah sich mit Überschwemmungen, Taifunen und Flüchtlingslagern konfrontiert. Ihr aktueller Einsatz in dem unter der Ebola-Epidemie leidenden Land Liberia stellt sie jedoch vor ganz neue Herausforderungen. In ihrem aktuellen Blog berichtet sie über die gefährliche Lage im Land und wie humedica mit Unterstützung des Auswärtigen Amts helfen kann.
Tag 8 in Liberia
Heute war ich mit meinen Kollegen Yeemi und Joseph in Team drei unterwegs. Um im Auto Platz für mich zu schaffen, hat das Team alle Hilfsgüter eng gestapelt. Zwischen Kartons gequetscht fuhren wir in aller Frühe los und hielten zuerst auf dem Markt. Als Yeemi und Joseph aus dem Wagen sprangen und verschwanden, erklärte mir unser Fahrer, dass wir in der nächsten Einfahrt wenden und sie wieder mitnehmen.
Nach wenigen Minuten kehrten beide freudestrahlend zurück und überreichten mir eine handgefertigte Umhängetasche und eine Geldbörse als Geschenk. Sie entschuldigten sich bei mir, dass sie keine Zeit hatten, mir auf dem Afrikamarkt etwas Besseres auszusuchen. Ich war gerührt und gleichzeitig beschämt, dass Menschen, die selbst kaum etwas besitzen, ihr Letztes für uns hergeben.
Nun konnte es losgehen. Unsere kurze Fahrt führte uns in Monrovias Stadtteil Gardnersville in die dortige Community Clinic. Dort angekommen, entdeckten wir so viele Patienten im Wartebereich, dass wir entschlossen, zuerst eine andere Gesundheitsstation zu besuchen und am Nachmittag zurückzukehren.
Nur wenige Straßen weiter erreichten wir die MA-TUWOR Community Clinic und fanden auch dort einige Patienten vor. Der Aufruf des liberianischen Gesundheitsministers scheint erste Früchte tragen, denn die Kranken suchen wieder die Gesundheitsstationen auf. Umso wichtiger wird unsere Schulung des Personals.

In dieser Klinik wird jeder Patient vorschriftsmäßig ins Registrierbuch eingetragen. Leiter Ezekiel nimmt sich die Zeit mit uns zu sprechen und ist dankbar für unsere Ratschläge und Hilfe. Doch schon wenig später sitzt keiner mehr an der Registrierung und ich sehe, wie eine Mutter mit ihrem kranken Kind an uns vorbei in die Einrichtung läuft. Zum Glück begleitet eine Krankenschwester sie sofort hinaus und bittet die Beiden auf der Veranda Platz zu nehmen. Kurze Zeit später nimmt sie das Mädchen auf und misst mit dem Thermo-Scan die Temperatur.
Als sie fertig ist frage ich sie, ob sie denn auch bei der Mutter die Körpertemperatur gemessen hätte, worauf sie mir antwortet, dass diese ja nicht krank sei. Auch im Registrierbuch kann ich ihren Namen nicht finden. Ich erkläre, dass bei jedem, aus welchem Grund auch immer er die Klinik betritt, die Temperatur gemessen werden muss. Zuerst bei den Mitarbeitern, wenn sie zur Arbeit erscheinen, und dann bei allen die das Gelände betreten.
Sollte sich bei jemandem eine Ebola-Erkrankung herausstellen, lassen sich anhand der im Registrierbuch eingetragenen Aufenthaltszeit alle Kontaktpersonen herausfinden. Das leuchtet der Schwester ein und sie verspricht, meine Anweisungen in Zukunft zu beachten.
Anschließend fahren wir zurück zur Gardnersville Community Clinic. Obwohl noch immer viele Patienten warten, nimmt sich Leiterin Vivian Zeit für uns. Wir bemerken, dass die Patienten hier nicht nur durch den Haupteingang eintreten, wo sich auch die Aufnahme befindet, sondern auch durch zwei Hintertüren, wo es nicht einmal eine Handwaschstation gibt. Das stoppen wir natürlich sofort.
Vivian trommelt alle anwesenden Mitarbeiter zusammen und wir beginnen mit unserer Aufklärung. Als wir die Reinigungskraft fragen, was er während seiner Arbeit trägt, deutet er auf seine kurze Hose und sein T-Shirt. Kein Schutzkittel, keine Handschuhe, keine Gummistiefel, und dass als eine der infektionsgefährdetsten Personen im ganzen Gebäude. Wir erklären den Mitarbeitern, dass sie ein Team sind und durch das Schützen von Einzelpersonen gleichzeitig alle schützen. Wir ernten zustimmendes Nicken.
Am späten Abend fahre ich zum Flughafen. Es ist stockdunkel und es sind kaum noch Menschen und Fahrzeuge unterwegs. Wie jeden Abend hat die Polizei Straßensperren aufgestellt, um die Ausgangssperre zu kontrollieren. Nach einer knappen Stunde erreiche ich den Flughafen. Bevor ich das Abfertigungsgebäude betreten darf, muss ich einen Fragebogen ausfüllen, mich einer Befragung durch Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums stellen und meine Temperatur messen lassen.
Stunden später lande ich in Casablanca und alle Fluggäste scheinen erleichtert aufzuatmen. Wir verlassen den Flieger, doch schon nach wenigen Sekunden staut es sich im Durchgang zum Flughafengebäude. Vor mir steht eine liberianische Familie mit drei übermüdeten Kindern. Geduldig erklärt ihnen ihr Vater den Grund für die genaue Untersuchung inklusive Thermo-Scan und Porträtfoto. Die ältere der beiden Töchter mit ihrem großen Teddybär unter dem Arm antwortet „Ebola“ und alle Umstehenden nicken.
Ich komme mit der Mutter ins Gespräch und frage, wohin die Familie reist. Sie erklärt mir, dass ihre Großmutter in den USA lebt und die Familie erst einmal bei ihr Unterschlupf finden würde. Vor gut einhundert Jahren waren die liberianischen Sklaven froh, dass sie als freie Bürger in ihr Land zurückkehren konnten, heute ist jeder froh, wenn er in den Staaten noch einen Vorfahren hat, der ihm die Ausreise aus dem krisengeschüttelten Land ermöglichen kann.
Am Transitschalter müssen sie ihre Anschrift in den USA hinterlegen. Hier trennen sich unsere Wege, ich fliege zurück nach Deutschland und werde zu einem anderen Gate geschickt. Wir verabschieden uns und wünschen uns eine gesegnete Weiterreise.
Liebe Freunde und Förderer, das humedica-Team arbeitet weiterhin unter Hochdruck an der Umsetzung von Hilfsmaßnahmen für das besonders betroffene Land Liberia. Bitte unterstützen Sie dieses Engagement mit einer wertvollen Spende. Vielen Dank!
humedica e. V.
Stichwort "Ebolahilfe"
IBAN DE35 7345 0000 0000 0047 47
BIC BYLADEM1KFB
Sparkasse Kaufbeuren
Die Hilfe von humedica in Liberia wird unterstützt vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland, action medeor e. V., BILD hilft e. V. „Ein Herz für Kinder“, Medical Teams International (MTI), Flughafen München. Herzlichen Dank allen institutionellen und privaten Förderern.