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Zurück im Niger: Ein Stückchen Zuhause

Zwei Monate musste ich Zwangspause einlegen und nun bin ich endlich wieder zurück im Niger. Ein seltsam heimisches und doch fremdes Gefühl. Nach fast einem Jahr hier kam mir Deutschland vor, wie ein fremdes Land. Auch wenn ich schnell in mein altes Leben zurück gefunden hatte.

Zwei Monate musste ich Zwangspause einlegen und nun bin ich endlich wieder zurück im Niger. Ein seltsam heimisches und doch fremdes Gefühl. Nach fast einem Jahr hier kam mir Deutschland vor, wie ein fremdes Land. Auch wenn ich schnell in mein altes Leben zurück gefunden hatte.

Kaum bin ich wieder in Afrika, da merke ich erst, wie sehr ich mich an die deutschen Zustände gewöhnt habe: mit dem Glas zum Wasserhahn zu gehen, um kurz einen Schluck zu trinken, ist hier auf einmal wieder tabu.

Den Mund sollte man auf einmal wieder unter der Dusche tunlichst geschlossen halten, Gemüse und Obst nicht einfach so essen, sondern vorher am Besten mit Chlor waschen - lange und gründlich.

Vieles schon so bekannte erlebe ich wieder ganz neu: der Weg zum Markt, die vielen fremden Gerüche, die Menschen, die von allen Seiten auf einen einreden, die Kinder am Straßenrand, die versuchen, sich mit Betteln, Autoscheibenputzen oder ähnlichen durchzuschlagen...

Weiße kennt man hier, denn es wohnen nur drei oder vier internationale Mitarbeiter in Kollo, und ich bin eine davon und die Leute begrüßen mich herzlich - sie kennen humedica von der Klinik und schätzen unsere Anwesenheit hier sehr.

Frauen mit bunten Kleidern, die bis zu drei Schüsseln auf dem Kopf balancieren und dabei noch so entspannt mit ihren Freundinnen reden. Und, natürlich Warten: beinahe hätte ich darüber gefreut, als der Wächter vom Elektrizitätswerk um halb Neun sagte, dass der Chef noch nicht da ist, obwohl das eigentlich schon seit Acht Uhr der Fall sein sollte.

Afrika halt. Abwarten und Teetrinken, ein Schwätzchen mit den anderen Wartenden über das Wetter, die Familie und natürlich die aktuelle politische Lage, die hier alle beschäftigt: Seit ein paar Wochen ist die sonst so ruhige Republik in Aufregung, da der Präsident das Parlament und den Gerichtshof aufgelöst hat, um seine Präsidentschaft um eine dritte Legislaturperiode zu erweitern. Am 4. August ist die Volksabstimmung, auf die hier alle angespannt warten - bis dahin geht das Leben seinen normalen Lauf.

Und dieser Lauf ist geschäftig! Die Regenzeit hat angefangen und es fängt an, zu grünen. Für die Leute hier ist das der Zeitpunkt, an dem sie auf die Felder gehen und Hirse und Reis pflanzen. Es sind die einzigen drei Monate im Jahr, in denen es regnet.. und wie!

Gleich in der ersten Woche, ich war im Büro in der humedica-Klinik, verdunkelte sich der Himmel - alles wurde rot, staubig, Donnergrollen, der Wind ließ Türen knallen und dann kam auf einmal der große Wolkensturz: sintflutartiger Regenfall, sodass selbst unter den Türen das Wasser in die Klinik strömte, obwohl doch davor sogar eine überdachte Terasse ist!

Und, natürlich, der Strom fällt aus, wie so oft. 15 Minuten später war wieder alles vorbei - große Regenpfützen bleiben auf den Straßen stehen, machen die Straßen teilweise unpassierbar, da die ja nur aus Sand sind... noch ein kleiner Unterschied zu unserer schön ausgebauten Infrastruktur. Die Leute hier können sich nur wundern, wenn ich ihnen erzähle, dass bei uns so gut wie alle Straßen geteert sind. Eine andere Welt.

Nach zwei Monaten wieder in ein Projekt zu kommen heißt erstens: Freude, wieder da zu sein. Freude über die Menschen, die ich so lange nicht gesehen habe; Freude über die Arbeit, über die Fortschritte, über die Herzlichkeit der Afrikaner und die überschwänglichen Begrüßungen.

Es heißt aber auch: viel, viel Arbeit! Viel ist trotz der Vertretungen und Übertragung von Verantwortung liegen geblieben, manches ist besser gelaufen, als man es sich gedacht hatte, manches aber leider auch nicht. Aufarbeiten ist da angesagt, teilweise bis spät in die Nacht.

Auf einmal muss alles auf einmal fertig sein, der Chefarzt der humedica-Klinik braucht dies, die Apothekerin braucht jenes, das Labor hat keine Lanzetten, der Administrator will Reinigungsmittel bei mir "bestellen". Und auf einmal merke ich, wie sehr unsere Präsenz hier noch von Nöten ist.

Dass noch viel strukturelle Arbeit vor mir liegt, die viel Zeit und vor allem Geduld und Einfühlungsvermögen in Anspruch nehmen wird. Aber dass auch schon viele Dinge eine gute Basis haben und nur noch ausgebaut werden müssen. Eine schöne Aufgabe, die in den nächsten fünf Monaten meinen Alltag bestimmen- und hoffentlich Früchte tragen wird.

Überhaupt freue ich mich sehr auf die vielen unterschiedlichen Herausforderungen, die vor mir liegen: unser Labor wird kommen und in Betrieb genommen werden, freiwillige Ärzte, die sich für einen Einsatz in der Klinik gemeldet haben, wollen betreut werden. Der Ausbau der Klinik soll organisiert werden und schließlich werden wir die alljährliche Verteilung der "Geschenke-mit-Herz" kurz vor Weihnachten durchführen.

Ein schönes Programm, das nur dank Ihrer Spenden möglich ist. Bitte unterstützen Sie auch weiterhin unsere wichtige Arbeit hier in Kollo. Vielen herzlichen Dank.

humedica e. V.
Stichwort "Nothilfe Niger"
Konto 47 47
BLZ 734 500 00
Sparkasse Kaufbeuren

Mit herzlichen Grüßen und Gottes Segen.

Ihre
Simone Winneg