
Friedliches Miteinander

Wohlbehalten zurückgekehrt von seiner Dienstreise nach Brasilien ist Oberbürgermeister Stefan Bosse. Am vergangenen Freitag hat er bereits die Amtsgeschäfte im Rathaus wieder aufgenommen und ein Gespräch mit Landwirtschaftsminister Miller zur zukünftigen Entwicklung der Landwirtschafts- und Technikerschule in der Heinzelmannstraße geführt. Am Montag, 21. Mai stellt der Oberbürgermeister Parlamentariern in Berlin die Kaufbeurer Eigenheimzulage vor.
KREISBOTE
23. Mai 2007
Das Programm der Dienstreise in Brasilien war von Anfang an dicht gedrängt. Insgesamt 27 Stunden dauerte die Anreise von Heide in Schleswig Holstein über Hamburg und Paris nach Sao Paulo und von dort weiter nach Guaratinguetà. Der Aufenthalt auf der Fazenda da Esperanca beeindruckte die Besucher nachhaltig. Auf dem Hof der Hoffnung leben rund 150 ehemals drogenabhängige junge Männer in einer Art klösterlicher Gemeinschaft. "Während des Aufenthaltes habe ich niemanden mit Zigarette oder Alkohol gesehen, es gab nur ein fröhliches und friedliches Miteinander" resümiert OB Bosse. Höhepunkt des Besuches war der Besuch des Papstes am Samstag, 12. Mai. Der Papst zeigte sich begeistert vom Hof der Hoffnung, er ermutigte den Franziskanerpater Hans Stapel, dieses Werk im Sinne des heiligen Franziskus fortzuführen. Stapel, der den Oberbürgermeister bei einem Treffen in Irsee im März diesen Jahres gebeten hatte, die Stadt Kaufbeuren und das Crescentiakloster bei den Feierlichkeiten anlässlich des Papstbesuches zu vertreten, freute sich nicht nur über den päpstlichen Segen für die Fazendas: Der Heilige Vater hatte dem Gründer der weltweit mittlerweile über 40 Einrichtungen auch 100.000 Dollar mitgebracht.
Beim Dankgottesdienst nach Ende des Papstbesuches überbrachte Bosse die Grüße von Stadt und Kloster. Er sprach dabei im vollbesetzten Stadion der Fazenda unter anderem vor mehr als 30 Bischöfen und Kardinälen. Die Ansprache wurde vom brasilianischen Fernsehen übertragen. Am Sonntag fuhr die kleine Delegation aus Kaufbeuren weiter in das rund 350 km entfernte Nova Friburgo. Dort hat die Kaufbeurer Hilfsorganisation humedica e.V. 1994 ein Hilfsprojekt gegründet. Der Leiter von humedica International, Wolfgang Groß, hatte den OB gebeten, sich vor Ort ein Bild von der Arbeit der Kaufbeurer Hilfsorganisation zu machen. Auf der Autobahn kurz vor Rio de Janeiro wurde der Wagen des OB allerdings von einem Reisebus gerammt und zwischen Mittelleitplanke und Bus eingeklemmt. Durch großes Glück war außer einem erheblichen Sachschaden an beiden Fahrzeugen nichts zu beklagen. Allerdings dauerte die Unfallaufnahme rund 4 Stunden, weshalb es zu einer deutlichen Verzögerung des Reiseablaufes kam. Eingetroffen bei humedica brasil, einer Tochterorganisation von humedica international, zeigten die rund 260 Kinder voller Stolz, was sie in der Einrichtung lernen. Die Kinder im Alter von 2 bis 16 Jahren erhalten dort Nachhilfe und Verpflegung, sie werden medizinisch betreut und für eine Berufsausbildung vorbereitet. Wie wichtig diese Arbeit ist zeigte ein anschließender Besuch in zwei Favelas, wo die Kinder zu Hause sind. Sie hausen dort unter erbärmlichen Umständen, die hygienischen Bedingungen sind katastrophal.

Noch in der Nacht fuhr die Kaufbeurer Gruppe zurück nach Guaratinguetà, wo am nächsten Morgen ein Treffen mit dem Bürgermeister Antonio Gilberto Fillippo Fernandes Junior stattfand. Die Unterzeichnung der Freundschaftserklärung erfolgte am Dienstag abend im Rathaus der 140.000-Einwohnerstadt unter lebhafter Beteiligung der Medien. Beide Bürgermeister brachten ihre Freude über die entstehende freundschaftliche Beziehung zum Ausdruck. Aus Guaratinguetà stammt der am 11. Mai von Papst Benedikt heilig gesprochene Franziskanerpater Galvao. Er ist der erste Heilige Südamerikas und gemeinsam mit Crescentia von Kaufbeuren der Namenspatron der von Papst Benedikt auf dem Gelände der Fazenda eingeweihten neuen Kirche. In Guaratinguetà befindet sich die größte Luftwaffenschule Südamerikas. Daneben verfolgt die brasilianische Stadt mit Interesse das geplante Fazendaprojekt in Bickenried bei Irsee. Beide Bürgermeister waren sich in ihren Ansprachen einig, dass die Entfernung von rund 10.000 km ein großes Hemmnis für eine Beziehung darstelle. Entscheidend sei jedoch, so der Kaufbeurer OB, nicht was in einer Erklärung stehe, sondern was zwischen den Städten und ihren Menschen gelebt werde. Unter Umständen besucht eine Delegation der brasilianischen Stadt Kaufbeuren bereits zum Tänzelfest 2007.
Am Mittwoch traf Bosse in Sao Paulo noch einem aus Kaufbeuren stammenden Niederlassungsleiter eines weltweit tätigen Unternehmens zusammen. Von ihm ließ sich Bosse die Bedingungen für europäische Firmen in Brasilien schildern. Wegen der umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen, die durch die vielen Überfälle notwendig sind, gestaltet sich das Leben dort sehr schwierig. Die völlig überlastete Infrastruktur kann mit dem Wachstum des Landes nicht mithalten und hemmt dieses nachhaltig. Trotzdem ist Brasilien eines der reichsten Länder der Erde und bietet europäischen Investoren faszinierende Chancen.
Bosse kehrte am Donnerstag, 17. Mai, nach Kaufbeuren zurück. Die Kosten für den Flug belaufen sich auf 870 Euro, die Fahrtkosten in Brasilien belaufen sich auf 330 Euro. kb